Von dem von mir in Sachen OCR heiß geliebten Skandinavien, ging es nun begleitet von Christian in ein vergleichsweise unbekanntes Abenteuer nach Portugal. Wieder war es die OCR EM Qualifikationsliste welche mir u.a. die Wild Challenge mit portugiesischem Ursprung auswies. Der Termin mit Mitte Mai versprach warmes Wetter und so ging es dann auch gleich an die Recherche zu Flügen, Hotels sowie Transfers. Coimbra liegt etwa 2 Autostunden nördlich von Lissabon und so wurde eine entsprechende Flugverbindung von Wien gefundenen, die ein Sightseeing- und Laufwochenende ermöglichte.
Fluvial Beach wir kommen
Nach einem kurzem Zwischenstopp samt Übernachtung in Coimbra, brachen wir dann am Sonntagmorgen (ja richtig gelesen Sonntag) auf zu einem Strand am Fluss Mondego. Wenn ich mir nicht im Vorhinein die Zeit genommen hätte diesen Ort im Navi zu suchen wäre ich wohl verzweifelt. Straßenangaben in Portugiesisch mit einem deutschen TOMTOM gleich Haarausfall 🙂 Eine wild verschlungene Straße entlang der Steilhänge führte uns durch verschlafene kleine Örtchen tatsächlich hin zu einem idyllischen Badestrand.
Blauer Himmel, Sonnenschein, ein glasklarer Fluss mit einem Sandstrand und zum Drüberstreuen eine einladende Beachbar mit kühlen Bieren vom Fass … die Lauflaune viel kurzfristig ins Bodenlose 🙂 Von dem „Schock“ erholten wir uns aber schnell wieder und spazierten erst einmal zur Registration. Den im Vorfeld per Mail übermittelten Informationen konnte man mit Hilfe von Google Translate (Englisch gibt es fast nix an Info) entnehmen, dass ein Haftungsausschluss unterzeichnet mitzubringen sei. Den hatten wir so natürlich dabei und nach kurzem Check der Daten wurden uns die Startnummern in die Hand gedrückt. Gleich im Zelt daneben gab‘s die Tshirts und das war es dann auch.
Auf Nachfrage wegen Timingchip bekam ich die Info „Nur für Elite“. Da wir ohnehin der Hindernisse bzw. des Laufes wegen hier waren, störte uns das nicht weiter. Wir warfen uns in Rennschale, schlenderten ein wenig am Geländer herum (es standen praktischer Weise Hindernisse in der Nähe zur Begutachtung) und schauten uns noch die Elite beim Start an.
Vamos Wild Challenger
Mit ein paar Ausführungen zum Lauf (wir verstanden natürlich gar nix weil ja in Portugiesisch *hihi*) startete unsere 10:15‘er Open Welle pünktlich in die Wild Challenge. Christian stimmte meinem Vorschlag zu die ersten 2 Hindernisse etwas zügiger anzulaufen um nicht bei den Röhren in einen Stau verwickelt zu werden. Langen Schrittes zog ich also ab und Christian folgte im Windschatten. Eine Mauer mit Öffnung (a.k.a. Through) gekonnt genommen, rein in den Fluss zur Wende und wieder raus hin zu den Röhren. Wir kamen staulos durch und trabten im gegenseitigen Einvernehmen sodann gemütlich weiter.
Ein kurzes Stück Flussaufwärts ging es für uns auf Tauchstation bei schwimmenden Bauzäunen, die es zu unterqueren galt. Wer noch mit morgendlicher Müdigkeit zu kämpfen hatte war spätestens jetzt hellwach. Das Wasser war doch recht frisch und so prusteten sich die LäuferInnen kräftig voran. Den Fluss galt es gegen die sehr moderate Strömung zu queren hin zu einer 3,5m Brettersprossenwand. Der weiche Sand war zu verlockend als dass ich den langsamen Abstieg wählen wollte. Also sprang ich mit einem gewaltigen Satz von oben runter. Christian grinste und stieg zur Hälfte ab, bevor auch er im weichen Sand einschlug. Im braven Gänsemarschlaufschritt (um motivierte Läufe nicht zu behindern) zogen wir durch verschlungene Holwege weiter dahin.
Es wird langsam
Ein Rig mit Ringen folgte alsbald und wartete mit einer „Überraschung“ auf. Die Ringe waren etwa halb so groß wie üblich und aus Holz. In Kombination mit dem Flussbad kurz zuvor war das eine recht glitschige Angelegenheit. Mein altbewährter Kniff mit „im Staub wühlen“ sorgte für Grip und so schwungen wir durch. 100 Meter weiter auf einer Wiese mit üppigen Orangenbäumen stand eine johlende Meute an einer Schrägwand. Es war allerdings keine gewöhnliche Schrägwand sondern eine Peg-Schrägwand, die etwa 1m über Boden begann. Wir suchten uns die weniger bevölkerte Seite und erklommen die Höhe recht mühelos mit den 2 Steckbolzen. Nicht wenigen Leuten da stand die Verzweiflung obgleich dieses Hindernisses deutlich ins Gesicht geschrieben … und es war erst KM 1,5 *oioioi*
Ein enger Singletrail führte uns teilweise recht steil die Hügelkette empor und durch einen kleinen Ort. Hier warteten ein Sandsack, eine Schrägwand (ebenfalls etwa 1m über Boden beginnend) und noch weitere Höhenmeter. Stetig bergan ging es weiter auf Wanderwegen und einer Schotterstraße.
Der Gipfel der Knechtung
Am Weg nach oben wurde es dann schlagartig sehr anspruchsvoll. Von weitem hörte man wieder Jubel und „ohhhhhh’s“ hallen. In einer Kehre stand ein Rig mit Griffen abwechselnd aus faustgroßen Holzkugeln und Kegeln. Holla die Waldfeh das haute rein … aalglatt waren die Griffe. Ich probierte es 4x und gab dann WO. Christian schwang sich erfolgreich durch. Arme kurz ausgeschüttelt und weiter zu einer Inverted Wall. Schwupps und mühelos drüber. Kurz unter der Anhöhe verlief ein breiter Weg auf dem dicht an dicht die zu bewältigenden Aufgaben standen, welche Unterarme und Schultern zum „Weinen“ brachten.
Ein kleiner Auszug … 5 seitlich zu nehmende Trapeze, Lowrig mit Reifen, 3 schwebende Bretter, Sprossenwand als Lowrigvariante mit 10cm starken 4-Kanthölzern, Pegboard Traverse … Der technische wie auch der körperliche Anspruch sehr hoch wie auch die einhergehende Verzweiflung bei etlichen StarterInnen. Als krönender Abschluss der Vernichtung 5 hängende Taue (ca 10cm Durchmesser) aus superglattem Nylon. Christian und ich lachten, schüttelten den Kopf und resignierten an dieser Stelle restlos. Bei den Hindernissen zuvor hatten wir es zumindest 2x ernsthaft probiert aber hier waren wir einfach zu platt. Zugegeben kein schöner Moment aber wir gestanden uns ein, dass unsere Arme nicht mehr konnten.
Abwärts mit Tücken
Nach einer 2m Holzwand ging es endlich bergab und ein kurzer Blick auf die Uhr verriet, dass nur mehr 4KM (von 10) zu absolvieren waren. Natürlich gab es am Weg zwischenzeitlich wieder was auf die Arme (weitere 2 Rigs, Olè und Oje) bevor wir dann wieder am Flussufer gegenüber des Startgeländes einlangten. Eine Tire Flip Station später kam meine Lieblingskombo … Cargonet danach Ringe zum seitlich hangeln danach Flying Monkeybars. Ich mag den Flying Monkey seeeehr und die Freude über die schön weit gesetzten 3 Stangen ließ mich meine müden Schultern vergessen.
„Schau gut zu Christian so geht des“ tönte ich mit breiter Brust und sprang auf die erste Stange. Zack der Griff sitzt … Schwung holen … 1x … 2x … und hopp auf die zweite Stange … yeaahhh … Schwung 1x … 2x… zack eine Punktlandung auf die 3te Stange und mit Telemark sowie megabreitem Grinsen einen Telemark in den Sand. Christian zögerte erst legte dann aber (bei seiner Flying Monkey Premiere) eine genauso tadellose Leistung hin. Wir freuten uns unheimlich und trabten mit ein paar anderen Läufern von Dannen.
Nass, krass aber ein riesen Spaß
Einmal Seilklettern, einmal Robben im Sand und eine Quaterpipe am Strand später kam dann das nass-geile Finale. Von einer Plattform (mitten im Fluss) per Sprung auf ein Trapez und dann eine recht hoch angebrachte Glocke läuten. Bei jedem der die Glocke läuten konnte wurde gejohlt, Bauchplatscher und andere Abstürzer wurden ge.oooooht … es war toll. Ich schwang ein paar Mal (weil es einfach lustig war) und läutete dann erst. Christian läutete auch lies aber vom Trapez nicht ab und knallte lautstark zurück gegen das Podest. Glücklicherweise hatte er seine Beine voran und konnte sich so halbwegs abfedern. Lachend entstiegen wir dem Fluss und schritten über die Ziellinie. Medaille gab es keine dafür ein schickes giftgrünes Armbändchen aus Silikon. Auf der Uhr standen 10KM mit knapp 300 Höhenmeter Anstieg in gemütlichen 2 Stunden.
Fazit
Die Wild Challenge erweckt in Videos auf Youtube, ihrer Facebook und Internetseite den Eindruck eines solide gemachten Laufs mit Spassfaktor. Ja gut, die Möglichkeit sich für OCR EM und WM zu qualifizieren sollte ein gewisses Niveau sicherstellen, aber ich habe auch schon anderes erlebt. Schlussendlich bleibt bei Christian und mir ein mörderguter Eindruck dieser Veranstaltung. Eine anspruchsvolle Laufstrecke auf der sich gut verteilt alle Schwierigkeitsstufen an Hindernissen finden. Wer sich hier als Elitestarter eine Quali für EM oder WM erobert verdient größten Respekt und hat sich eine Teilnahme mehr als verdient. Daneben bietet die Wild Challenge aber auch für den „normalen“ Hindernislauffan eine gute Möglichkeit um seine Fähigkeiten zu verbessern. Ohne die m.M.n. völlig unsinnige Burpeestrafen kann man hier an anspruchsvollen Hindernissen üben. Da ich 4x verkackt habe muss ich wohl 2020 wiederkommen!
Die Hardfacts
Streckenlänge: 10KM
Anstieg: rd 300HM
Hindernisse: 35
Labestationen: 2 auf der Strecke + Ziel
Florian „Gehleckechtjetzt“ Zuschnig und Christian „Senor Kinderbueno“ Artacker