Sehnsüchtig dass es endlich Freitag werden würde, verbrachte ich die affenheiße Woche vor dem Abflug nach Dublin. Temperaturen jenseits der 25 Grad empfinde ich als äußerst unangenehm und wenn dann der 30iger im Schatten fällt, wird es geradezu unerträglich. Umso mehr lockte mich das kleine Küstenstädtchen Bray mit seinen wolkig-windigen 14 Grad 🙂 Bray liegt bequeme 40 Autominuten vom Flughafen Dublin entfernt und ist sein einigen Jahren der Austragungsort des Hell&Back. Dieser findet 2mal pro Jahr statt, einmal im Juni einmal im Oktober und zählt nebenbei auch als OCR EM Qualifikation.
Ein Morgen mit Verzögerung
Ich schrieb mich für € 65 in die erste Startwelle um 09:00 Uhr ein und erwarb für 5 zusätzliche Euro einen Platz im Shuttlebus. Das Shuttle verkehrte lt. Info auf der Homepage zu günstigen und regelmäßigen Zeiten zwischen dem Bahnhof Bray und dem Eventgelände. Der erste Bus sollte um 07:45 starten und so fand ich mich nach einem gemütlichen Morgenspaziergang um 07:40 am Bahnhofsplatz ein. Zwischen Linienbussen fanden sich kleinere Grüppchen Teilnehmer und so harrte man der Dinge. 07:45 kein Bus … 07:50 kein Bus … erste Fragen untereinander ob man hier überhaupt richtig stehe … ja das wäre der Busplatz … 07:55 kein Bus … meine Miene wurde finster und ich fragte ob sich ein Herrenduo mit mir ein Taxi teilen wollte. Wir kamen überein noch bis kurz nach 8 zu warten.
Gerade als wir um 08:05 die Türen des Taxis öffneten, bog unweit hinter uns ein kleiner Bus ums Eck … das Eventshuttle. Die inzwischen stetig gewachsene Menge an LäuferInnen setzte an den Bus zu stürmen. Ich stolperte mehr in den Bus als denn ich ihn bestieg aber bekam einen der heißbegehrten Plätze. 10 holprige und eingepferchte Fahrminuten später erreichten wir das Eventgelände am Anwesen „Killruddery House and Gardens“. Ein herrschaftlich-englisches Anwesen umrahmt von sattgrünen Wiesen und Wäldern. Bei der Einfahrt erfolgte ein Empfang durch ein Rudel wohlgenährter Borstentiere 🙂
Grün, Hügelig und viele viele …haufen
Der nächtliche Regen verwandelte die Schotterstraßen in sehr pfützig-schlammige Wege und so brachte man sich auf den 5 min Marsch zum Registrationszelt schon mal in Dirtrunstimmung. Unweit des Starts konnte man den Streckenverlauf hin zu einem stattlichen Hügel erkennen, der gespickt mit diversen Baumstämmen und Reifenhindernissen in morgendlicher Sonne vor sich hin dampfte. Das Eventgelände war überschaubar und bot diverse Verköstigungsstände und eine kleine Merchandisebude. Die Uhr zeigte nach kurzem Rundgang 08:30 Uhr und so machte ich mich auf zum Bagcheck/Dusche.
Ein gewaltig gatschiger Weg führte in den Wald zu einem adaptierten landwirtschaftlichen Schuppen von imposanter Größe. Damen links, in der Mitte eine Sanistation und die Herren rechts zeigten die Wegweiser. Ich Durchschritt die Sichtschutzplanen und zog mich im dahinterliegenden Bereich um. Die Taschen wurden ebenfalls hier deponiert. Wertsachen konnten separat und kontrolliert abgegeben werden. Auf dem Weg zurück wärmte ich mich ein wenig auf und stellte bei näherer Begutachtung der Wiese fest, dass diese sonst wohl als beliebte Schafsweide dient. Etliche Hinterlassenschaften zeugten deutlich davon.
We’ll give you hell
Mit fetziger Musik, einem sehr unterhaltsamen Platzsprecher und dem üblichen gemeinschaftlichen Gehopse ähh Aufwärmen, wurde ich mit der wilden Meute der ersten Startwelle losgelassen. Über einen Strohballen weiter zu einer Plattform mit Überhang kletterte ich zügig um dann gleich einmal ein erfrischendes Bad zu nehmen. Bis zum Rand mit Eiswürfeln gefüllte Wassercontainer mit Taucheinlage vertrieben schlagartig die letzte Restmüdigkeit bevor es auf die eigentliche Laufstrecke ging.
Immer in Richtung des großen Hügels zog sich der Strom an LäuferInnen über 200m lange Wellenbahnen, Kriech- und diverse Reifenhindernisse. Ich kam am Start gut weg und Reihte mich in den Top 20 ein. Da dieser Lauf im Juni ohne Zeitnehmung (It’s a challenge not a race) stattfindet ging ich die Sache entspannt an und genoss Atmosphäre, die herrliche Natur und was denn da so kommen mochte.
Auffi am Berg
Die Strecke schlängelte sich etwa auf halbe Höhe des Giltspur Mountain (Höhe 342 m.ü.d.M.) bevor es wieder Richtung Tal ging um dann erneut den Anstieg zu beginnen. Auf dem Weg zum Gipfel galt es diverse Netze, ein paar Holzwände, viele viele Reifen und unzählige Baumstämme zu über- bzw. unterqueren. Kurz vor dem Gipfel dann eine Labestation bevor es über eine Inverted Wall aus Rundhölzern ganz rauf zum Seilklettern ging. Die Sonne fand ihren Weg zeitweilig durch die dicken Wolken und zauberte einen malerischen Ausblick auf die umliegende Landschaft und die Bucht. Ich hatte mich zwischenzeitlich an die Fersen eines etwa gleichaltrigen Läufers geheftet und wir „zogen“ uns gegenseitig bergauf bzw. warnten uns vor Knöchelbrechern im tiefen Waldboden.
So schnörkelig und ausschweifend es nach oben ging, so direkt ging es hinunter und das aber richtig. Eine schnurgerade Schneise wurde durch das Gestrüpp gefräst und auf selbiger ging‘s im Schweinsgalopp hinunter. Scharfe Kurve nach links in einen dichten Wald … aha was nu … ein dichtes Netz aus Paracord lud zum Verrenken. 20 mühsame Meter später war ich froh da wieder raus zu sein und sah, dass mein Laufbuddy leider länger darin zubringen würde. Ich trottete also langsam weiter in der Hoffnung, dass er bald wieder zu mir aufschließen würde.
Eine teuflisch gute Grube
Im unteren Drittel des Abstiegs fand sich ein Abschnitt genannt „Devils Pit“ der dicht geballt diverse Hindernisse beherbergte. Container, Röhren, Wasser, Schlamm, Reifenquetscher, Hercules Hoist und eine stattliche Pegwand freuten sich bezwungen zu werden. Da noch nicht so viele Läufer vorbeigekommen waren, freuten sich die Volunteers über jeden der daherkam und feuerten mich nach Leibeskräften an. Nach Ende dieses Unterhaltsamen Abschnitts, traf ich auf die ersten LäuferInnen der kürzeren Distanz (8km) und schmunzelte sehr über deren „Geschicklichkeit“ beim Versuch eine kleine Wellenbahn aus Baumstämmen zu überwinden 🙂
Das spannende letzte Drittel
Auf den letzten 4 Kilometern wurde dann die Hindernishäufigkeit deutlich nach oben geschraubt. Kletterwände, deftiger Gatsch, Rutschen, Sprungturm, Cargonetze, Mauern, Krabbelhindernisse usw. kamen dicht gedrängt daher. Nach der 2ten Labestation fand sich ein Tisch mit Schutzbrillen und es folgte das, was ich aus diversen Videos vom Lauf schon vorab kannte. Die sogenannte „Sniper Alley“ war eine kleine Schleife durch ein Wäldchen in welchem eine Handvoll Airsoftspieler lauerten. Tjo für den der nicht weiß was Airsoft ist … man beschießt sich mit 6mm Plastikkugeln. Eine 3er Salve auf den Popo plus einen Treffer auf den Oberschenkel fasste ich aus. Es brezzelte anständig 🙂
Auf den letzten 400m vor dem Ziel fanden sich zahlreiche Zuseher und zu deren Gaudium wurden die LäuferInnen zuerst gewässert um dann gleich unter einem Stromhindernis durchzurobben. Die Spannung deutlich höher als in unseren Breiten und natürlich auch die Schockfrequenz auf einen 2-Sekunden-Takt eingestellt, watschte mich die Konstruktion gscheit her. Die 2 „Treffer“ am Kopf fühlten sich an als wäre ich in einen Querbalken gelaufen. Das Publikum amüsierte sich köstlich als ich laut fluchend das höllische Drum hinter mir ließ.
Eine 3m Mauer und eine Quaterpipe trennten mich noch vom Finish also setze ich mit einem gewaltigen Satz an und erklomm stylisch die Mauer 🙂 An der Quaterpipe ließ ich mir etwas Zeit und beobachte einen anderen Starter. Der Untergrund schien griffig und das kurze Seil bot etwas Hilfe. Ein letzter Sprint mit gezieltem Griff nach dem Seil und schon hing ich an der Kante. Füße reingestemmt und rüber … wohooo … eine kleine Rutsche runter und das war’s.
Mein Fazit
Der Hell&Back bietet ein sehr gut organisiertes Drumherum mit einer wunderschönen Laufstrecke durch die Hügel rund um Bray. Die Hindernisse sind für jedes Erfahrungsniveau schaffbar. Der technische Anspruch fällt daher eher moderat aus wird aber durch die schiere Menge (vor allem Baumstämme und Reifen) ausgeglichen. Brennnessel, Disteln sowie deftiger Schlamm sind fester Bestandteil bei nahezu allen Läufen im englischsprachigen Raum und haben auch hier ihren Platz. Die Hindernisse sind sehr solide gebaut und halten den Massen problemlos stand. Strom befinde ich persönlich als unnützen Blödsinn, aber in UK und IRL stehen’s scheinbar drauf. Medaillensammler wird der Lauf enttäuschen, denn es gibt kein Blech. Ein Finisherleiberl gibt’s aber. Summa Summarum ein gut gemachter Lauf der ehrgeizige OCR Sportler genauso begeistern wird wie er gelegentlichen Dirtrunnern Freude macht. Da die Witterung sehr angenehm war (mäßig bewölkt mit 14 Grad) reichts nicht ganz für das Prädikat „Höllisch“ aber allemal „Fegefeuer“ 🙂
Florian „IchMagKeinenStromUndKeineSchafskacke“ Zuschnig
Die Fakten
Streckenlänge: lt Ausschreibung 13KM, gemessen 14KM
Hindernisse: Viele und aller Art 🙂
Höhenmeter Anstieg: rd. 400