HH12HR Lipno (CZE) – 21.09.2018

Ein 12er in Tschechien, genau so einer fehlt mir noch … und schon war ich angemeldet. Mein letztes Endurance Event im Osten war der kleine Bruder – der HH in Svit im Februar 2017. Sehr tragelastig mit schweren Holzstämmen, das war mir im Gedächtnis geblieben. Zurück zur Gegenwart. Der HH12HR Lipno sollte alles bisher Dagewesene übertreffen, „Stelle dich deinen Ängsten“, sowas und ähnliches konnte man vorab in verschiedenen Postings auf der Facebook Seite lesen.

Die Gear-List

Zu meiner Verwunderung brauchte ich meine Gewichtsplatten nicht einzupacken. Stattdessen durfte ein 15kg Sandsack für Männer bzw. ein 10kg Sandsack für Damen gefüllt werden. Dazu folgten ein 10m langes Seil mit 6mm im Durchmesser, ein Gürtel, 1m Seil mit je einem Karabiner am Anfang und am Ende festgeknotet, eine Luftmatratze sowie Papier und Stift. Der Zusatz der Krypteia, dass Nicht-Schwimmer eine Schwimmweste benötigen ließ vermuten das der Wasserkontakt unabwendbar sein würde. Es wurde im Video und auch im Infomail darauf aufmerksam gemacht keine Uhr, Messer oder Duct-Tape mitzubringen. Missachtung würde zu Strafübungen führen.

Zuschauerbelustigung am Strand von Lipno

Neben dem Gear-Check der unter anderem aus Wiegen des Sandsacks und Seil nachmessen bestand ging es gleich mal zügig los mit der ersten Aufgabe. Jeder bekam einen Umschlag ausgehändigt in dem sich eine Karte befand mit einer Markierung. Wir hatten 10 Minuten Zeit um dort hin zu laufen und die Aufgabe zu bewältigen. Es ging etwa 400m den Strand entlang zu einem Steg. Dort prangte auch schon ein Schild „Memory-Test“. Auf einer im Wasser versenkten Styroporbox war der Test befestigt.

Memory Test HH12HR Lipno

Zurück am Ausgangspunkt erwartete uns die Krypteia bereits mit dem beliebten PT. Eins kann ich jetzt schon sagen, das PT ist immer sehr …. interessant. Squats und Sit-ups mit und ohne Sandsack, Overheadpress, Planks und der „Tunnel of Love“ im Wasser. Der Wind pfeift über den Strand und schön langsam verabschiedet sich die Sonne hinter den letzten Hügeln. „Luftmatratzen aufblasen, 5 Minuten Zeit“, der Befehl der Krypteia. Schnell versuchte ich in meine 3€ Luftmatratze Luft reinzubekommen. Die 5 Minuten waren vergangen und nur ein Teil der Teilnehmer hatte die Luftmatratze schwimmfähig aufgeblasen, aber keine „Bestrafung“ der Krypteia. Es wurde einfach gewartet. Nach weiteren 5 Minuten waren dann alle soweit und wir wurden auf die Reise geschickt.

Ziel war es auf das etwa 500m entfernte Ufer zu schwimmen, sich ein Knicklicht zu greifen und zurückzuschwimmen. Als einer der ersten die angekommen sind, hieß es jetzt warten. Die Temperaturen, der Wind und die nassen Sachen taten den Rest dazu. Es wurde richtig kalt. Von da an wurden Teams zu je 9 Personen gebildet, welche in Folge dann mit Knicklichtern geschmückt wurden. Luftmatratze entlüften im Rucksack verstauen und die Reise beginnt.

HH12HR Lipno

Die Büchse der Pandora

Das ein Hurricane Heat meist „Low-Budget“ aufgebaut wird, ist keine Seltenheit mehr, dass was uns hier erwartete grenzte allerdings schon fast an eine Beleidigung. Die Büchse der Pandora war eine 1100lt. fassende Restmülltonne. Dazu gabs 2 Eisenstangen die später ihren Zweck erfüllen sollten. Die Sandsäcke sollten in der Tonne verstaut werden und auf Befehl der Krypteia begaben wir uns auf den „long walk“. Nach 15 Minuten kamen die nächsten „Special-Items“ ins Spiel. Mit dem 1m Seil plus Karabiner wurde man an den Gürtel des Nebenmanns geschnallt und die Reise konnte fortgesetzt werden.

Vor einem großen Geröll- und Schutthaufen machten wir wieder Halt. Sandsäcke aus den Tonnen und mit einer tatsächlichen Menschenkette wurden die Sandsäcke von einer Seite des Haufens auf die andere befördert.

HH12HR Lipno

Dort auf der Wiese wurden – natürlich zusammengekettet – 2 Burpees und eine Rolle vorwärts praktiziert. Nach 5 Durchgängen war dann auch der Krypteia langweilig und wir mussten die Sandsäcke wieder über den Berg zurück zu unseren Tonnen bringen. Nach weiteren Kilometern schiebend, ziehend und tragend standen wir inmitten der Skipisten von Lipno und bereit für die nächste Aufgabe. Bevor es soweit kam, mussten wir noch über die 7ft. Wall mit unseren Habseligkeiten.

HH12HR Lipno

Hallo Orientierungssinn

Jedes Team bekam im Anschluss daran in einem Kuvert einen Kompass samt 4 Koordinaten auf einem Zettel ausgehändigt. Zusammengebunden in einer „Sternformation“ hatten wir 1 Stunde Zeit um die Positionen zu finden. An jeder dieser Positionen war ein Zettel mit einem Code befestigt den wir aufschrieben sollen.

Nun ja, was soll ich sagen, wir haben 2 von 4 Codes gefunden und sind ansonsten nur hilflos herumgeirrt wie auch der Großteil der restlichen Teams. Nach einer Stunde ertönte ein Pfiff und wir trafen uns alle am Ausgangspunkt wieder. Resultat: 1 Team hat alle 4 Codes gefunden. Der Rest zwischen 2 und 3 Codes. „Oh nein jetzt wird es Burpees hageln“, schoss es mir in den Kopf. Fehlanzeige. Wir bekamen einen Vortrag wie wichtig es ist die Hinweise der Krypteia im Vorfeld ernst zu nehmen (Anspielung auf den Facebook-Post von Freitagnachmittag wo ein Kompass zu sehen war).

Die Belohnung für das siegreiche Team: Cola, Schokolade, Studentenfutter, das schließlich mit allen Teilnehmern geteilt wurde. Danach ging es weiter Piste rauf, Piste runter. Zu diesem Zeitpunkt habe ich jegliche Orientierung verloren. Aufgabe 4: Rucksäcke, Sandsäcke und die Tonnen über den Barbwire Crawl zu bringen ohne, dass diese Gegenstände den Boden berühren. Eine zweireihige Menschenkette Kopf an Kopf liegend wurde gebildet und die Gegenstände wurden durchgereicht.

HH12HR Lipno

Don´t let it fall!

Einige Stunden waren vergangen und es wurde Zeit den Memory-Test abzufragen. In den Teams konnte die Aufgabe bravourös bewältigt werden ohne jeglichen Fehler. Als Belohnung wurde man in ein Team mit je 4 bis 5 Personen mit den Karabinern zusammengeschlossen. Ziel war es einen Atlas-Stein (Frauengewicht) vom Atlas Carry bis hinunter zum Bender zu bringen ohne, dass der Stein den Boden berührt. Berührte der Stein den Boden sollten 100 Burpees fällig werden.

Beim Bender angekommen war schon jeden klar wohin das führt. Kurz einmal jeder über den Bender, Stein aufnehmen und zurück zum Atlas Carry damit. Stein ablegen, Rucksäcke, Sandsäcke und Mülltonnen aufnehmen und runter Richtung Rope-Climb.

Rope-Climb Challenge

Die Aufgabe war schnell erklärt. Klettere das Seil rauf, läute die Glocke. Gepusht von der Krypteia, dass man den Rope-Climb schaffen muss sonst könne man nie einen Hurricane Heat finishen. Gesagt getan, jede und jeder erwischt und läutet die Glocke. Das Wort zum Tage der Krypteia dazu: „Wir wären doch nicht ein 12 Stunden Hurricane Heat wenn wir den Rope-Climb nicht noch ein zweites Mal schaffen würden.“ Wieder rauf Glocke geläutet und zurück in Position.

Die ersten beiden Teilnehmer begannen zu straucheln. Und jetzt kommt der Moment den ich nicht mehr vergessen werden. Die Krypteia meinte, dass nur Teamwork helfen würde und so begann der Bau der menschlichen Pyramide. So konnten die Beiden zur Glocke hochgehievt werden und erfolgreich diese läuten. Das ganze Spiel wiederholte sich weitere 3mal. Bei jedem Durchgang konnten weniger Teilnehmer das Hindernis bezwingen.

Unterm Strich 5mal Seilklettern um 4 Uhr früh. Spartan-Herz was willst du mehr. Als positive Nebenerscheinung darf ich mich zu den 5maligen Glöcknern zählen. An alle die im näheren Umkreis in den Hotels/Apartments den Wecker schon um 4 Uhr gehört haben – es war mir ein Vergnügen! Voller Adrenalin packten wir die Sachen und marschierten zur Slip-Wall. Wer in Lipno war, weiß das davor ein kleiner feiner Teich liegt.

Luftmatratzen herausnehmen und wieder aufblasen. Oh nein, es krampfte schon alles zusammen, als ich nur daran dachte wieder ins Wasser zu müssen. Seit 18:30 Uhr nur mehr in nassen Sachen unterwegs, in der Nacht immer wieder einsetzender Regen und jetzt das. Wir sollen die Büchse der Pandora schwimmsicher machen. Schon alleine das Aufblasen der Luftmatratzen wurde zur Qual. Dem einen oder anderen etwas zu viel. Achtung, vor der Slip-Wall hat sich wer übergeben. Auf jeder Seite 4 bis 5 Matratzen festgezurrt, das muss reichen.

Conquer your fears

Nach und nach wurden die Teams weggeschickt. Es ging in ein wohlig warmes Häuschen wo man wortlos Helm und Klettergeschirr angezogen bekam. Da nicht weit davon entfernt ein Hochseilgarten stand, malte ich mir schon aus wie wir in der Finsternis durch den Hochseilgarten schwingen. Aber es sollte anders kommen.  Als Bespaßung durfte sich jede/r Teilnehmer/in nach kurzer Einschulung in den Flying Fox stürzen.

Das Warten bis jeder damit durch war – ca. 1 Stunden – war eher ungemütlich. Neben den nächtlichen 6°C gabs gegen Ende hin noch ein feines Warm-up PT bestehend aus Jumping Jacks und Squats. Achtung, nach der Slip-Wall liegt ein Häufchen Erbrochenes – gefährliches Pflaster hier.Und nein, in beiden Fällen nicht von mir 😉

Nach Vollzähligkeit Rucksack packen, Sandsack schultern, Mülltonne schultern und ab Richtung Startgelände… doch nicht. Als letzte Aufgabe mussten wir unser Hab und Gut von einer Bucht (etwa 200m entfernt vom Ziel) schwimmend mit Luftmatratzen an den Strand bringen. Ein letztes Mal ins Wasser, die Mülltonne schwimmt mit dem Luftmatratzengurt einwandfrei Richtung Zielbogen. Danach zurück mit der Luftmatratze und Rucksack samt Sandsack aufladen und an den Strand transportieren.

HH12HR Lipno

Zur Belustigung der Teilnehmer die bereits um 7 Uhr am Gelände waren gabs „Panier-Burpees“. Vollkommen durchnässt wurden gemeinsame 10 Burpees in den Sand gestampft.

Der obligatorische Fire-Jump gefolgt von der Übergabe von Dog-Tag, Endurance-Eckerl und T-Shirt. Ein letztes Foto und ab zurück ins warme Hotel.

HH12HR Lipno

Fazit HH12HR Lipno

Es war nass, es war kalt, es war dunkel. Dem aufmerksamen Endurance-Athleten wird aufgefallen sein das nirgendwo ein Time Hack dabei war. Damit war es eigentlich nur ein 12 Stunden langer kleiner Hurricane Heat. Durch die schwierige Kommunikation zwischen mir und den restlichen Teilnehmern – Englisch ist hier nicht – ist man als Mitteleuropäer zum Mitschwimmen verurteilt. Die Krypteia gab sich Mühe und versuchte alles in Englische zu übersetzen, da es neben mir noch zwei Teilnehmer gab die kein tschechisch verstanden. Mit Dauer der Veranstaltung lies auch dieser Service nach. Gegen meinungsresistente und nicht englischsprechende Tschechen ist halt kein Kraut gewachsen. Unterm Strich bleibt die Erfahrung aus der tschechischen Nacht.

(Thomas Gschweidl)

 

Fotos: hier

Link zum HH in Svit 2017: hier