In meiner nun gut 5-jährigen (Achtung Wortwitz) Hindernislaufbahn *hihi* habe ich an zahlreichen Läufen diverser Laufserien teilgenommen und Einiges von Europa und der Welt gesehen. So schön diese Zeit auch war/ist, so verwöhnter wurde ich auch … oder bin ich einfach nur übersättigt, weil es eh immer das Gleiche ist? Ja und Nein, auf jeden Fall stand 2016 beim Entschluss das 2017er DirtyWeekend zu besuchen fest, es muss mal wieder etwas Großes her. Das Internet und Youtube geben ja Berichtsmaterial in Hülle und Fülle her, deshalb wuchs die Vorfreude stetig. Eine kleine aber feine Herrenrunde fand sich um schlussendlich Anfang Mai 2017 nach England aufzubrechen und sich im herrlichen Park rund um das Burghley House rattigen Kilometern hinzugeben. Gerd, Roland und Ich hatten den Full Mucker (33km mit 200 Hindernissen) gebucht, Jan und Tom wahnwitzig wie immer natürlich den Double Mucker (also 66km mit 400 Hindernissen). Leider zog sich Roland ein paar Wochen zuvor eine hartnäckige Wadenverletzung zu und verschob seinen Start auf 2018. Er begleitete uns aber trotzdem und schoss eine Menge toller Fotos. DAANKE ROLI!!!!
Der Tag begann wie üblich sehr früh da wir uns in die erste Startwelle um 08:00 Uhr eingebucht hatten. Die Orga verlangt dafür zwar GBP 20 extra aber die sind, wenn man nicht einen Spaß-/Wartelauf machen möchte, gut investiert. Zusätzlich sei gesagt, dass 2017 rund 6.500 Starter auf allen Distanzen an den Start gingen. Das da im Verlauf des Tages die Bedingungen zunehmend schwieriger wurden versteht sich von selbst. Gegen 07:15 Uhr trafen wir am Gelände ein und sicherten uns einen Parkplatz recht weit vorne. Das Wetter war herrlich englisch. 12 Grad, bewölkt leichter Wind und erste Anzeichen von Regen. Ich liebe es am Start zu frieren, weil ich weiß das solche Läufe immer gut werden. Im großen Zelt fanden sich die Full Mucker der ersten Welle und die Double Mucker ein und wir wärmten uns ein wenig auf. Die riesige Zielrutsche und das Ambiente allgemein hatte unsere Stimmung auf ein neues Höchstmaß gehoben.
07:50 Uhr die Schleusen in den Startbereich wurden geöffnet. Mit ein paar WarmUp Übungen samt dazugehöriger Stimmungsmukke hüpfte sich der Startblock weiter in Stimmung. „Are you readayyyyyyy Muckers … 5… 4… 3… 2… 1… Gooooooo“ und los ging die wilde Hatz. Am Startbogen abklatschen ist üblich beim RatRace also gaben auch wir dem Ding einen gscheiten Klapps und stürmten aus dem Zelt ins Freie. Eine lange Allee gesäumt von frenetisch jubelnden Fans, Angehörigen und Freunden entlang ging es hin zu den ersten Hindernissen. Ein paar große Strohballen galt es zu überwinden bevor es weiter in Richtung des Burghley Houses ging. Was für eine geile Kulisse!! Auf saftig dicken und herrlich grünen Rasen ging es in einer großen Linkskurve über ein paar Zäune und Bäume hin zu einem LKW bei dem es einen Autoreifen mitzunehmen galt. Über die Ladefläche dann in einen Krabbelparkour, mitsamt dem Reifen natürlich. Bei solchen Aktivitäten leiden normalerweise die Knie sehr. Doch nicht hier! Es rutschte sich gut und weich. Die ersten 5km gingen gut voran obwohl bei mir das Frühstück noch für etwas Unbehagen sorgte. Gerd meinte irgendwann, dass wir einen Schnitt um die 5min +- bisher hätten und dass das so nicht weitergehen kann. Mein kurzer Kommentar darauf „Ach das läuft schon“ J Die ersten 15KM vergingen sehr schnell, da wir von den Hindernissen sowie von den allgemeinen Eindrücken auf der Strecke aus dem „Wooow Alter ist das geil“ kaum rauskamen. Die erste große Labestation war ein richtiges Highlight. Da gab es alles was das Herz eines Schleckermauls höherschlagen lässt. Gummibären, Schokozeugs, Zuckerln, Chips … Wir ignorierten das Zeug und kippten uns nur etwas zu trinken rein. Bei KM10 etwa kamen wir zur „Water WipeOut Zone“. Am Beginn dieser wurden uns Schwimmwesten in die Hand gedrückt und da stand auch ein prächtiger Sprungturm. Von ganz oben waren es etwa 5m. Füße voraus und alles angespannt …. *huiiii und platsch* war dieser absolviert. Gleich danach wieder ein Turm, diesmal aber als Start für eine Rutsche in einen See. Durch den See aufs andere Ufer und ein kleines Klettergerüst zur Anlandung. Am Weg zurück wieder durch den See gab es schwimmende Hindernisse. Monkeybars, Balance und Kletterzeugs. Es machte riesen Spaß obwohl es mit der Schwimmerei doch anstrengend war. Gut gekühlt (ich liebe das J) weiter auf der Laufstrecke auf Feld- und Schotterwegen. Irgendwo bei KM14 kam dann mitten im Wald das „Ewok Village“.
Zahlreiche kleinere Balancehindernisse tauchten auf und plötzlich steht da ein riesen Holzkonstrukt. Oben, unten, krabbeln, klettern, bilanzieren, springen alles in einem und ineinander verschachtelt. Sehr sehr gut gemacht und macht (wie fast alles beim DW) einen riesen Spaß. Kurz danach ging es wieder raus aus dem Zauberwald auf eine Forststraße. Hier lies ich es richtig laufen, sodass Gerd recht bald von hinten pfauchte „Alter wir laufen gerade 04:40 den Kilometer bist du irre??“ Es ging so gut und ich war voll im Lauf aber es galt noch gut 16KM zu bestreiten also drosselte ich etwas das Tempo. Nichtsdestotrotz stellten wir hier den schnellsten KM des Tages in 04:38min auf *hihi* Bei KM18 kamen wir zurück in den schönen Park nahe des Startgeländes und die Dichte der Hindernisse nahm schlagartig und vor allem qualitativ zu. Rutschen, Baumstammtragen, Wasserquerungen, eine riesen Heupyramide und ein elendslanger Netztunnel zum robben usw. Da stand dann auch Roland vor dem Einstieg in den großen Hindernisparcour und knipste uns eifrig.
Kletterwände, Ringschwingen, Mauern, Netze, Sprungkissen, Container dicht an dicht standen super gemachte und fordernde Hindernisse. Kurz vor dem ultimativen Highlight (die längsten Monkeybars der Welt) stand ein Container mit einem kleinen angebauten Überhang. Ich nahm das Ding mit Schwung und wuchtete mich drüber. Gerade oben angekomen, hörte ich Gerd hinter mir laut Schimpfen. 19 schnelle und fordernde Kilometer hatten ihre Spuren hinterlassen und Gerds Waden schickten krampfhafte Signale. Ich eilte zurück und half ihm über den Container. Wieder unten reichte ich ihm einen meiner 2 Magnesiumshots und zog mir den anderen selbst rein. Auch unsere 2 Doublemucker waren gut unterwegs und kamen bald einmal daher und wurden von Roland ebenfalls dokumentarisch erfasst.
Da stand sie nun, lang und gewaltig anzusehen … die längste Monkeybarstrecke der Welt. Wirklich und wahrhaftig kein Scherz. 2 Bahnen mit je 150m für diejenigen die es wissen wollen. Daneben 8 Bahnen mit einer Länge von 10m gefolgt von einem imposanten Parcours aus Absperrgittern. Gerd juckte es sehr in den Fingern aber er entschied sich für die kurze Variante. Ich bin ohnehin nicht so der Bizepsathlet also stand für mich sowieso fest, die kurze Variante zu bewältigen. Ein kurzes Stück im nachfolgenden Parcours schoss auch mir ein Krampf bösartig ins linke Wadel und hielt sich hartnäckig. Die folgenden 2KM hinkten und humpelten wir dahin. So gut ging es bisher und jetzt … paaaaa … ich machte meinem Unmut im Waldstück kräftig Luft. Recht bald kam wieder eine Labestation und ich warf mir einen Müsliriegel und was zu Trinken ein. Die kurze Pause und der „Treibstoff“ schien unseren Körpern gut zu tun und die eiserne Klammer im Wadel verschwand. Etwas vorsichtig machten wir uns so auf, auf die letzten 10 Kilometer. Kurzer Vorgriff … Es wurden lange 10KM. Eine lange letzte Schleife in das Hinterland des Burghley House wartete uns mit Ententeichen, einer traumhaften aber laaaangen Allee, und einem dicht behindernissten Waldstück auf. Bei KM26 ging ich leider in den „Notlauf“ über denn ich hatte eindeutig zu wenig gegessen. Glücklicherweise hatte ich noch einen Riegel eingesteckt und begann selbigen mit kleinen Bissen zu verzehren. Gerd nahm mich in seinen Windschatten und zog mich geduldig. Es dauerte ein wenig bis der Hungerast überwunden war und ich mich wieder aufs Laufen konzentrieren konnte. Über lange Feldwege und Wiesen ging es endlich wieder in Richtung Ziel. KM28, KM29 … puhh Gerd also ehrlich ich mir reicht es schon sehr, ich mag endlich weg von dieser Gstettn. Gerd quittierte das mit einem „Ja mir geht’s auch so, schauma das ma heimkommen. KM30 langsam kommt der Park wieder in Sicht, KM31 wir sind zurück und kämpfen uns über die letzten Hürden und biegen endlich in die Zielgerade ein. Tja gut 32KM in den Beinen und dann gab es noch eine besondere Überraschung. Eine schrägwand zum Hochlaufen mit gegenläufigen Förderbändern. „Geh leck echt jetzt“ so oder so ähnlich näherten wir uns dem Ungetüm. Beine ausschütteln, durchschnaufen und volle Kanne drauf los. Gerd zog mächtig an und schaffte es souverän nach oben. Kurz darauf trat ich an und schaffte es auch. Ich war sehr froh das nun nur mehr eine handvoll Kraxelsachen und eine kleine Seilkletterei wartete. Den „Gipfelsturm“ hinauf zum Start der Zielrutsche genossen wir in vollen Zügen und schauten uns ein wenig um. Von da oben hatte man einen tollen Blick über das Gelände. „Keep your feet together and your arms crossed on your chest“ … „Whenever you’re ready“ wiesen uns die Rutschguards ein. *huiiiiiii* und ab ging’s ins Ziel.
Gerd war bei der Durchführung der Rutschvorgaben wesentlich folgsamer, mir war es zu dem Zeitpunkt einfach wurscht und ich hob die Hände und johlte vor Freude. Aus dem Zielauffangbecken krabbelte ich über die Absperrung wo Gerd wartete und wir querten die Ziellinie Arm in Arm nach 03:48 Stunden und waren sehr stolz. Wir lieferten eine starke Teamleistung ab und jeder trug seinen Teil dazu bei und zog den anderen wenn es mal nicht so lief.
Schlussendlich wurde mein Gefühl, dass es ein super Ergebnis werden könnte, auch bestätigt. Platz 59 und 60 von knapp 3.900 FullMucker Finishern gab es am Abend zu lesen. *yeaaaah*. „Etwas“ länger waren unsere beiden DoubleMucker Kollegen auf der Strecke. Aber auch sie lieferten sehr gut ab und reihten sich stolz in ewige Liste der wenigen DoubleMucker Absolventen ein.
Fazit zum RatRace Dirty Weekend.
Es ist bei der Veranstaltung wirklich alles perfekt organisiert und durchdacht. Die Hindernisse decken die volle Bandbreite von einfach (Zaun zum Drübersteigen) über man wird nass (Water Wipeout Zone) hin zu spaßig (Hüpfballhüpfen) und natürlich auch sehr fordernd (Schwing- und Greifhindernisse) ab. Das Ganze hat natürlich auch einen Preis der deutlich über bspw. Kontinentaleuropäischen Langdistanz Spartans liegt. ES IST ABER JEDEN EURO ÄHH PFUND WERT … ohne Übertreibung und mit voller Überzeugung war das Dirty Weekend einer der genialsten Läufe die ich je gemacht habe. Das Ticket für das DirtyWeekend 2018 wurde somit auch 2 Tage später gelöst 😉
Florian (“Der Fürst”) Zuschnig
Fotos: hier